In den Schluchten des
Internets. Oder: Erzähle mir, was du liest, und ich sage dir, was du weißt<
Im folgenden Beitrag mache
ich einen kurzen Ausflug in das Internet und nehme den Leser zu einigen Blogs mit,
die ich derzeit periodisch nutze. Ich vermute, dass ich hier Quellen benenne,
die nicht in jedermanns Blick liegen. Es handelt sich lediglich um den
Ausschnitt aus einer Momentaufnahme.
Wenn man die Lügen satt hat und Mainstream nicht mehr
erträgt – Informationen ja, aber woher?
Wir sind Zeitgenossen des
Zeitungssterbens. Gewiss, um vieles, was gedruckt wird, ist es nicht sonderlich
schade. Wir haben im Ohr, dass dieses Sterben unausweichlich sei, weil das
Gedruckte mit dem Internet nicht konkurrieren könne. Als unverwüstlicher
Liebhaber von Gedrucktem bezweifle ich das. Meine Gegenthese lautet: Hauptgrund
für das Zeitungssterben ist der Unwille der Leser von offensichtlichen,
ideologisch gepolten Idioten behelligt zu werden und hierfür auch noch Geld
zahlen zu sollen. So nimmt denn das Zeitungssterben seinen Lauf. Das
Abo-Publikum, das sich noch hält, ist vermutlich nur noch durch die
Todesanzeigen bei der Stange zu halten – solange, bis die Abonnenten dann
selbst im Annoncenteil namentlich Erwähnung finden.
Aus ebendenselben Gründen vermeide ich es auch, bei
den von den Mainstreammedien mittlerweile im Übermaß angebotenen
Internetportalen zu Gast zu sein. Lange Rede, kurzer Sinn, ich lese für den
täglichen Bedarf eine Reihe von Ersatzquellen. Es sind ungezählt viele in
unterschiedlicher Qualität mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten. Einige
davon will ich im Folgenden kurz darstellen. Es handelt sich um ein buntes
Gemisch. Die Reihenfolge ist willkürlich.
Prabels Blog – https://www.prabelsblog.de/
Wolfgang Prabel, der
Doktor-Ingenieur aus Mechelroda/Kreis Weimarer Land, beackert ein breites
Spektrum aus Politik (Lokales bis Europa), Wirtschaftliches,
Landwirtschaftliches, Historisches und Kulturelles in meist kurzgefassten
Beiträgen. Mein besonderes Interesse gilt indessen seinen langgestreckten
Analysen zu Geistesströmungen und politischen Moden. So über die Fortsetzung
des NS-Radikalismus bei den Achtundsechzigern und, diese krönend, bei den
Grünen. Darüber habe ich auch an anderem Ort manches gelesen. Bei Prabel ist
der Ansatz tiefer. Er beginnt in der Jugendbewegung, den Naturfreunden, den Bündischen
des beginnenden 20. Jahrhunderts mit ihren Lebensregeln, ihrem
Ernährungsradikalismus, ihrem Besserwisserwahn und ihren Hinketänzen – all
jener Krimskrams, aus dem laut Prabel der Autodidakt und spätere Führer seine
Versatzstücke entnahm und schließlich weitervererbte. Das ist originell, man
wird darüber streiten dürfen.
Damit ich nicht missverstanden werde: Das
Vorgenannte ist lediglich eine Facette im Blog. Im Übrigen findet man dort
Wirtschaftsanalysen, die aus den Zahlen amtlicher Veröffentlichungen
zusammengestellt sind und mit den offiziellen Maßnahmen der Regierung
verglichen werden. Dass diese dabei wenig gut wegkommt, will ich lediglich der
Vollständigkeit halber erwähnen.
Der besondere Charme der Prabel-Texte ergibt sich
aus den Vergleichen von Stadt und Land sowie dem Aufzeigen der Diskrepanz von
ideologischer Vorgabe aus Wolkenkuckucksheim und demjenigen, was davon vor Ort
ankommt und dort notwendig getan wird. Beispiel: Verabschiedung und
Konsequenzen der neuen Düngemittelverordnung. Was ist gewollt? Was wird bei den
landwirtschaftlichen Betrieben geschehen, und wie wirkt sich das auf die
Lebensmittelversorgung in Deutschland aus? Das sollte zumindest gelesen haben,
wer nicht daran glaubt, dass das tägliche Brot vom Himmel fällt, sondern von
der Getreideernte abhängig ist, und wer dann bei plötzlicher Grenzschließung
die Luft anhält.
Wie gesagt, Prabels Angebot ist ziemlich breit
gefächert. Der theoriefrohe Leser muss damit rechnen, dass er mit den
jahrelangen Erfahrungen des Autors als Bürgermeister seines Dorfes konfrontiert
wird. Er weiß, was ein Kubikmeter Abwasser kostet, was ein Kilometer Fahrweg
zur täglichen Arbeit, was das Verbot von Ölheizungen bewirkt, wo es weit und
breit keinen Gasanschluss gibt – und was die Leute so reden.
Prabel ist auch Buchautor. Auf sein einschlägiges
Tun werde ich in einem folgenden Beitrag gesondert eingehen.
Egon W. Kreutzer: Kommentare zum Zeitgeschehen –
https://egon-w-kreutzer.de/
Ich will hier mit einem
Bonmot beginnen, das man einige Tage an der Spitze des Blogs lesen konnte:
„Schwer zu beantwortende Frage: Wird es ein Leben nach Corona geben? Für die
Überlebenden ganz bestimmt. Für die anderen geht es eher um die Frage nach dem
Leben nach dem Tode.“ Das mag illustrieren, welch Geistes Kind hier schreibt.
Ich wurde auf Kreutzer
aufmerksam, weil er etwas publizierte, was, in meinen Worten, eine sehr
eigenwillige volkswirtschaftliche Gesamtrechnung ist. Bei diesem Vorhaben ist er
bis zum heutigen Tage geblieben. Doch keine Angst vor akademischen
Kunststückchen in geschwollenen mathematischen Formeln. Um Kreutzer zu
verstehen, sollte man die Grundrechenarten beherrschen und auch dem Dreisatz
nicht fremdelnd gegenüberstehen. Zu seinen Paradestücken zähle ich die
Auswertung von Firmen- und Pressemitteilungen über Pleiten und den sonstigen
Abbau von Arbeitsplätzen. Diese Daten werden auf dem Blog fortgeschrieben. Man
sollte sie konsultieren, bevor man sich von den Helden aus Politik und
Autowirtschaft hinters Licht führen lässt, warum und wie in diesem einstigen
Vorzeige-Industriezweig die Beschäftigtenzahlen einbrechen. Achtung, mit Corona
hat dies nichts zu tun. Mit dem Diesel-, Abgas- und Feinstaubwahn allerdings.
Bemerkenswert: Auch der gerade erwähnte Blog von Wolfgang Prabel kommt mit
seiner Art der Datenerhebung zu fast gleichen Ergebnissen. Also: Den ADAC
sollte man besser nicht befragen.
Auf Kreutzers Blog findet sich
noch ein zweites zentrales Thema, das der Demokratie. Die Diagnosen des Autors
über Funktionsweise und weitere Aussichten sind vernichtend. Mit Blöden kann
man halt keinen Staat machen. Im übertragenen wie im wörtlichen Sinne. Das
Erstaunliche bei solcherart Diagnosen ist, dass Kreutzer offenbar an die Güte
der demokratischen Staatsform glaubt und sich bemüht, Vorschläge für ihre
Verbesserung zu präsentieren.
Auf Kreutzer als Buchautor
werde ich noch einmal gesondert zu sprechen kommen, denn auch das lohnt.
Stephan
Paetow: Spaet-Nachrichten. Die etwas andere Tagesschau – https://www.spaet-nachrichten.de/
Der
Journalist Stephan Paetow bevorzugt auf diesem Blog politische Tagesnotizen,
die er abends ins Netz stellt. Sie changieren zwischen griffiger Information
zum Geschehen in leicht zu erfassender Kürze, gepaart mit beißendem Kommentar in
einer von Paetow meisterlich beherrschten Sprache. Er führt schonungslose
Angriffe auf Politlügner und deren gestanztes Gequatsche. Seine Quellen sind
die Mainstreammedien. Das Überfliegen der Paetow-Tagesseite erspart dem Leser
mit knappen Zeitbudget stundenlangen Mainstreamkonsum und hat zugleich den
Vorteil, dass man den Blog nach wenigen Minuten informiert und amüsiert wieder
schließt.
Daneben ist Paetow auch auf
anderen Blogs unterwegs, so bei Tichy, was ich zu kommentieren auf ein anderes Mal
verschiebe.
Hadmut
Danisch: Ansichten eines Informatikers – https://www.danisch.de/blog/
Der
diplomierte Informatiker Hadmut (sic!) Danisch stellt täglich Beiträge von
stark unterschiedlicher Länge, Dichte und Zielrichtung ins Netz. Seine
Themenschwerpunkte sind politische Aktualia sowie persönliche Erlebnisse
einschließlich seines Medienkonsums, die er auf ideologische Zusammenhänge und mafiose
Strukturen untersucht. Lieblingsfeinde sind Genderismus, Feminismus, Geisteswissenschaften
und Mainstreammedien-Lügen. Danisch spielt mit seiner offenbar großen
Lesergemeinde eine Art Pingpong, indem er Behauptungen aufstellt und auf
Reaktionen wartet, die er sodann wieder in kommentierter Form ins Netz stellt.
Ob sich hinter den Kommentaren reale Leser verbergen, vermag ich nicht zu
beurteilen.
Spezialinformationen kann der
Leser, der sich für allgemeinverständlich formulierte Ausführungen zu
Datenverarbeitung und Datensicherheit interessiert, den immer wieder
eingestreuten Beiträgen zu dieser Thematik entnehmen. Sie entstammen seinem
Berufsfeld und zudem offenbar einem Urerlebnis des Autors, seine eigene
Doktorarbeit betreffend. Sie wurde in einer Zeit formuliert, als solche Gebiete
noch das Wildwest des digitalen Zeitalters waren. Diese Dissertation wurde, wenn
ich es richtig deute, im Sumpf von Hochschulintrigen und juristischem Klimbim
zerstört. Hierher jedenfalls rührt, allgemein gesprochen, der Spürsinn des
Autors für Koalitionen der Inkompetenz. Was er auf dem Gebiet unnachsichtig zu
Tage fördert, ist lesenswert. Wer zudem technische Tipps für
digitale Fotografie sucht und Spaß an erstaunlich guten Fotografien hat, kommt
bei Danischs Blog mit etwas Geduld ebenfalls zu erstaunlichen Funden.
Roger
Letsch: Unbesorgt. Institut für Meinungsvielfalt und politischen Exorzismus –
https://unbesorgt.de/
Hinter
der kuriosen Titelschlagworten verbirgt sich eine eigenwillige
Kommentarplattform. Die Beiträge des Autors sind in aller Regel von mittlerer
Länge. Die Themen drehen sich politischen Grundsatzthemen wie Energiepolitik,
Zuwanderung, Klima, Corona, linke Lebenslügen, Israel. Ich erwähne dieses
letztgenannte Thema hier, weil es im Themenkanon von Letsch eher wie ein
Fremdkörper aussieht, eine Art Bekenntnisschrift innerhalb von nüchtern
formulierten Aufsätzen mit hohem Informationswert. Mir ist klar, dass dieses
Ceterum censeo Stirnrunzeln in den Kleingärten der deutschen Alternativmedialen
hervorrufen wird. Insofern ist Letsch eine gute Quelle für die Frage, wie man
das Thema Israel auch sehen und beschreiben kann – in einer Welt, die nach
meinem bescheidenen Eindruck rechts- und links-außen israelfeindlich ist,
während in der breiten Mitte die Gleichgültigkeit zu Hause ist.
Michael
Klonovsky: Acta diurna – https://www.michael-klonovsky.de/acta-diurna
Der
Blog des Journalisten Michael Klonovsky ist eine Art Tagebuch, in welchem mit
Schwerpunkt Medien-Ereignisse gespiegelt werden. Das bedeutet, ausgehend von
einer bestimmten Berichterstattung in den Mainstreammedien wird der Weg zum
Ursprungsereignis gesucht. Hierbei ist offenbar eine breite Leserschaft
behilflich, deren Mitgliedern die Medienlügen ebenso auf die Nerven gehen wie
dem Autor des Tagebuchs.
Der Ausdruck Tagebuch ist insoweit
leicht irreführend, als die Beiträge zwar chronologisch geordnet sind, aber sie
erscheinen weder Tag für Tag, noch sind sie datumsgenau. Vielmehr ist es so,
dass ein Ereignis häufig in eine Art Essay einmündet, in das Klonovsky seine
Leser hineinkomplementiert. Nicht jedem liegt solches Argumentieren von
Hölzchen auf Stöckchen. Und noch ’n Beispiel und noch eines. Das wäre vielleicht
eher was für eine Symphonie des Untergangs.
Der Autor versteht sich, so wie
ich ihn deute, als Flaneur durch die Exponate der Ruinenbaumeister (pardon, dass
ich hier einmal Herbert Rosendorfer dreist zitiere), denn damit sind wir bei einer
weiteren Eigenart angelangt: Klonovskys extensivem Gebrauch von Fremdzitaten.
Gut, man ist belesen, den Bildungsbürger freut das. Neben der wirklichen Freude
am Originellen und der unterhaltsamen Sottise regt die Klonovsky-Lektüre auch
zum Ärger an (ob das beabsichtigt ist, weiß ich nicht) – so bei mir beispielsweise
die parteinehmende Berichterstattung über AfD-Interna, die ich ermüdend finde. Sie
wirkt zudem leicht peinlich bei einem Autor, der genau aus dieser Partei ein
Gehalt empfängt. Etwas weniger Fett aufs Butterbrot
geschmiert, würde besser schmecken. Nur so ’n Tipp von mir. Und auch gern die
alte Preußenweisheit: Man feuert nicht auf die eigenen Grenadiere, wenn man
siegreich fechten will. Nichts für ungut.
Bernd
Zeller: Tageschauderblogger – https://tagesschauder.blogger.de/
Über
Bernd Zeller habe ich schon mehrfach berichtet. Er erscheint mir irgendwie wie ein
publizistisches Chamäleon. Nicht in seinen Ansichten, bewahre, aber in der Art
und Weise, wie er seine Botschaften an den Mann bringt. Neben der Zellerzeitung
(satirische Blog-Zeitung und aus meiner Sicht sein Flaggschiff), dem
Senioren-Akrützel (regionale Papierausgabe), dem Jenaer Stadtzeichner
(gezeichnete Einzelblätter), dem Senior-Influenzer (Youtube-Kurzkommentare) ist
es dieser Tag-für-Tag-Blog mit dem ironischen Namen Tagesschauder. Hier wird einem aktuellen Ereignis oder einem Trend auf
den Grund gegangen. Im Zentrum steht die Analyse. Sie ist in aller Regel kurz,
unfreundlich und zutreffend. Von der sonst bei Zeller geübten Form von Distanz,
Verfremdung und Satire keine Spur. Der Tagesschauder erscheint täglich gegen 11
Uhr am Vormittag.
Sina Lorenz
(Ps.): Willkommen in Dunkeldeutschland – https://dunkeldeutschland.blog-net.ch/
Die
Bloggerin mit dem Pseudonym Sina Lorenz stellte einige Zeit lang Kommentare ins
Netz, deren boshafte Klarsicht bemerkenswert war. Sie wurden nicht fortgeführt.
Übrig geblieben ist die am Sonntagabend erscheinende wöchentliche Übersicht
über Demos und sonstige Veranstaltungen in Deutschland, die für Mainstream
unerquicklich sind und deswegen, wo es geht, niemals erwähnt werden. Daneben ist eine
Fundstellenübersicht über Publikationen in zahlreichen alternativen Medien abrufbar,
die man, je nach Bedarf, überfliegen oder anklicken kann. Sie sind tagesgenau
und geben einen Überblick über einen Teil der alternativen Medien und was in
ihnen publiziert wird.
Zur Einschätzung der Autorin
mag hilfreich sein, wie sie ihr Kontaktformular eingeleitet hat: „Hass-Mails,
von vornherein zum Scheitern verurteilte Flirtversuche oder Werbung für
Penisprothesen können über nachfolgendes Formular eingereicht werden“.
Ich gestehe, wenn auch nur
zögernd, dass ich bislang an solche Adressen nicht gedacht hatte. Was hat mich
bloß gehindert?
Zum Schluss
eine Zwischenbilanz
Die in diesem Beitrag erwähnten sieben Blogs sind
nur ein schmaler Ausschnitt der Wirklichkeit inmitten der digitalen
Scheinwirklichkeit. Ich nutze diese Blogs hie und da, und meine Absicht ist es,
den einen oder andern anzuregen, es da und dort auch mal zu versuchen. Meine von
mir gefürchteten, militant aufmerksamen Buch-Leser wissen, dass ich eine Menge
anderer Blogs ebenso (be)nutze, wie ... und und und ... Davon auf Wunsch ein
andermal mehr.
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